Wie innovative Architektur aus Holz, flächensparendes Bauen und klimaneutrale Städteplanung Hand in Hand gehen können zeigt die Eröffnung des Hauses auf Stelzen an der Zentrale der Bayerischen Staatsforsten in Regensburg. Das markante mehrgeschossige Gebäude entstand auf einem ehemaligen Parkplatz und ist ein – wegen der außergewöhnlichen Yakisugi-Fassade – schwarz glänzendes Beispiel für ökologisches und klimafreundliches Bauen mit dem regional verfügbaren und nachwachsenden Wertstoff Holz.

Bayerns Forstministerin Michaela Kaniber bezeichnete das Haus auf Stelzen „als wahres Meisterwerk, das in einzigartiger Weise Baukunst, Ästhetik und Funktionalität in einzigartiger Weise verbindet. Es ist sowohl ressourcen- als auch flächensparend gebaut und Inbegriff einer nachhaltigen Stadtentwicklung.“ Sie sprach von einem „faszinierenden Vorzeigeobjekt für den Holzbau und Sinnbild für die Leistungs- und Zukunftsfähigkeit der gesamten Wertschöpfungskette Forst und Holz.“

 

Aktiver Klimaschutz

Bauen mit Holz, so Kaniber, sei aktiver Klimaschutz, denn jeder einzelne Kubikmeter Holz speichert eine Tonne Kohlendioxid und ersetzt gleichzeitig andere klimaschädliche Baustoffe wie Beton Stahl und Kunststoffe. Allein das Haus auf Stelzen sparte so insgesamt 500 Tonnen Kohlendioxid ein. Dies wären gewaltige Zahlen, vor allem wenn man sich vor Augen führe, dass der Bausektor für mehr als ein Drittel des globalen CO2- Ausstoßes verantwortlich sei.

Warum Holzbau Klimaschutz ist, hat Prof. Dr. Hubert Röder, der das Fachgebiet „Betriebswirtschaftslehre Nachwachsender Rohstoffe“ der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf am Wissenschaftszentrum Straubing ist, in einer Forschungsstudie zu den Klimaschutzeffekten der Forst- und Holzwirtschaft in Bayern errechnet. Den 75 Mio. Tonnen CO2, die in Bayern aktuell pro Jahr zur Erzeugung von Energie freigesetzt werden, stehen 13 Mio. Tonnen CO2 gegenüber, die durch die stoffliche Nutzung von Holz gespeichert werden. Hinzu kommen weitere 10 Mio. Tonnen CO2, die die Wälder bei ihrem Wachsen zusätzlich binden, sowie 22 Mio. Tonnen CO2 durch die Substitution fossiler und energieintensiver Rohstoffe. So wird über die Hälfte der energiebedingten CO2-Emissionen in Bayern vermieden oder kompensiert. Und das lässt sich noch deutlich steigern, denn der Anteil der Holzbauten am gesamten Baugeschehen – die sogenannte „Holzbauquote“ – liegt derzeit in Bayern erst bei 20 Prozent. „Wenn wir sie kontinuierlich erhöhen und gleichzeitig die energiebedingten CO2-Emissionen konsequent senken, dann könnte Bayern schon in absehbarer Zeit klimaneutral sein. Das Bauen mit Holz sorgt dabei nicht nur dafür, dass große Mengen CO2 langfristig gebunden bleiben, sondern senkt auch die energiebedingten CO2-Emissionen, denn Holz wird im Gegensatz zu Baumaterialien wie Ziegel, Zement und Stahl nicht mit hohem Energieaufwand und hohen CO2-Emissionen künstlich hergestellt, sondern wächst auf natürliche Art und Weise. Die Energie, die es dabei braucht, kommt zu 100 Prozent von der Sonne“, sagt Pro. Röder.

Die energetische Nutzung von Holz, so Röder, setzt nur die CO2-Menge frei, die der Baum vorher im Lauf seines Lebens gebunden hatte und die ein gerade wachsender Baum wieder bindet. In der Summe sei dies eine nahezu ausgeglichene Bilanz. Das Ansteigen des CO2- Gehalts der Atmosphäre sollte allerdings sofort gestoppt werden, um den Klimawandel aufzuhalten. Und noch besser wäre, das in der Atmosphäre vorhandene CO2 zu reduzieren, was ja durchaus möglich ist. Bei jedem geernteten Baum stelle sich deshalb die Frage, ob das in ihm gespeicherte CO2 schon nach ein bis zwei Jahren frei werden soll, wie das bei der energetischen Holznutzung der Fall ist, oder erst nach Jahrzehnten bis Jahrhunderten, wie das bei der stofflichen Holznutzung der Fall ist. Allerdings lässt sich nicht der gesamte Baum stofflich nutzen. Was übrig bleibt, das kann man ja energetisch nutzen, denn beim Verbrennen wird nur die Menge CO2 frei, die auch beim Verrotten frei würde. Dadurch ersetze man fossile Energieträger und verbessere so die CO2-Bilanz.

„Holzbau muss in Bayern zum Standard werden und im Bewusstsein der Bauherren verankert werden“, sagte Kaniber. Ein wichtiger Baustein, um hier rasch und wirksam voranzukommen, sei das jüngst auf den Weg gebrachte Aktionsprogramm Klimahäuser für Bayern. Der Sektor Forst und Holz könne etwas bewegen und so einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der Bayerischen Klimaziele beisteuern.

Das unterstreicht in seiner Studie auch Prof. Röder, der errechnet hat, dass man in Bayern derzeit ca. 6,5 Mio. Kubikmeter Nadelholz mehr ernten könnte, als es momentan der Fall ist – und trotzdem hätten wir immer noch eine nachhaltige Waldbewirtschaftung. Es würde genauso viel Holz nachwachsen, wie entnommen wird. Diese zusätzliche Holzmenge würde ausreichen, sämtliche bayerischen Neubauten – alle Wohn-, Gewerbe- und sonstigen Gebäude – in Holzbauweise zu errichten. Sein Fazit: „Wir brauchen eine richtige Holzbaukultur.“

 

Den Wald in die Stadt holen

„Wir wollen mit dem Haus auf Stelzen im wahrsten Sinne des Wortes den Wald in die Stadt holen, mit allen damit verbundenen ökologischen Vorteilen. Und wir wollen zeigen, dass man bereits versiegelte Flächen intelligent für den Wohnungsbau nutzen kann“, sagte Martin Neumeyer, Vorstandsvorsitzender der Bayerischen Staatsforsten. Er zeigte sich überzeugt, dass in den kommenden Jahrzehnten Holz seinen festen Platz im Städtebau finden wird: „Die Holzzeit hat gerade erst begonnen.“.

Holz sei ein Baustoff, der mit seinen hervorragenden Material- und Fertigungseigenschaften gerade für das Bauen in engen Stadträumen optimal geeignet sei, wie das Haus auf Stelzen unter Beweis stellt.

Hier sind nicht nur vier unterschiedliche Holzarten verbaut, sondern auch innovative Produkte wie tragfähige Furnierschichtträger aus Buche oder hochwertiges Brettsperrholz aus Käferholz.

 

Schwarze Fassade der Blickfang

Ein Blickfang ist die verkohlte, schwarze Fassade. Dies hat neben der optischen Komponente vor allem einen praktischen Grund erläuterten die Architekten Lisa Schex und Thomas Feigl. „Das Holz wurde einer offenen Flamme bei ungefähr 1200 Grad Celsius ausgesetzt. Durch die Hitze verdichten sich die Zellen des Holzes, das Holz bekommt dadurch eine einzigartige Textur, und eine samtige schwarze Farbe. Der Regen perlt an der Fassade ab. Insekten Pilze, Moose mögen das verkohlte Holz auch nicht. Somit entsteht Holzschutz ohne Einsatz von Chemie. Die Technik nennt sich Yakisugi, kommt aus Japan und bedeutet so viel wie geflammte Zeder. Es handelt sich um eine alte Handwerkstradition, die Holz haltbar und widerstandsfähig macht.“ Am Haus auf Stelzen kam allerdings keine Zeder, sondern Fichte zum Einsatz – wegen ihrer strukturfreudigen Oberfläche.

 

Holzbau hat sich stark verändert

Die Holztechnologie und der Holzbau haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Der Anteil reiner Holzgebäude und Mischkonstruktionen am Gesamtbauvolumen hat zugenommen. Holz erfüllt als Baustoff alle Anforderungen an ein zeitgemäßes Baumaterial: Er ist nachhaltig, recyclebar und benötigt einen minimalen Energieaufwand für Herstellung und Verarbeitung. In der Praxis wurden moderne Bauweisen entwickelt, die sowohl im Neubau als auch beim Bauen im Bestand ihre Stärken bewiesen haben.

Auf dem Markt findet man heute eine große Bandbreite hochentwickelter, standardisierter Holzprodukte und Halbfertigteile. Innovative Handwerksbetriebe realisieren gemeinsam mit Architekten und Bauingenieuren qualitativ hochstehende Gebäude. Die Branche fühlt sich mehr denn je den hohen Anforderungen gewachsen, die an ein Bauwerk aus Holz gestellt werden: Keine zweite Bauweise in Deutschland verfügt über eine so gute und flächendeckende Qualitätssicherung und Güteüberwachung wie der moderne Holzbau.

Die Verarbeitung von Bäumen zum Baustoff Holz benötigt weit weniger fossile Energie als die Herstellung von Stahl, Beton, Kunststoff, Ziegeln oder gar Aluminium. Holz ist bei gleicher Tragfähigkeit wesentlich leichter als Stahl und hat annähernd die gleiche Druckfestigkeit wie Beton, kann im Gegensatz zu diesem aber auch Zugkräfte aufnehmen. Holz ist außerdem das tragfähigste aller wärmedämmenden Materialien. Wegen seines Hohlraumanteils hat es günstige Wärmedämmeigenschaften und hilft Wärmebrücken zu vermeiden.

Neben der energetischen Sanierung gewinnen die Umnutzung oder auch Aufstockung und Nachverdichtung gerade in Städten an Bedeutung. Holz spielt hierbei eine besondere Rolle. Die große Bandbreite von Holzprodukten erlaubt individuelle Lösungen, die gerade im Altbau gefragt sind. Umbaumaßnahmen tragen im Idealfall zum Klimaschutz bei, senken anfallende Kosten für Heizenergie, erhöhen den Wohnkomfort und sorgen für eine Wertsteigerung der Immobilie.

Das geringe Gewicht der Holzbaukonstruktionen hilft nicht nur die Bauzeit vor Ort zu verkürzen, sondern auch die Baukosten zu reduzieren. Aufstockungen lassen sich oft nur in Holzbauweise realisieren, da der Bestand nicht für weitere große Belastungen ausgelegt ist und Lasten aus zusätzlichen Konstruktionen nur in wenigen Bereichen abgeleitet werden können. Auch bei Anbauten und der Schließung von Baulücken können werkseitig erstellte Bauteile wie Wände, Decken und Dächer mit Hilfe von Mobilkränen in einem Arbeitsgang montiert werden. Bauteile aus Holz lassen sich mit leichtem Gerät auch in unzugängliche Bereiche bewegen und schnell montieren.

 

Haus auf Stelzen in Zahlen

33 Ein- und Zweizimmerwohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von circa 900 Quadratmetern sind in der Tillystraße auf drei Geschossen entstanden. Insgesamt ist das Haus etwa 15 Meter hoch

40 Personen können hier eine Bleibe finden – davon auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bayerischen Staatsforsten. Zwei Etagen sind an Personal des benachbarten Krankenhauses vermietet.

Insgesamt 700 Kubikmeter Holz wurden in der Tillystraße verbaut. Das entspricht etwa 350 Bäumen.

Vier verschiedene Holzarten kamen zum Einsatz – neben Eiche vorwiegend Fichte, Lärche und Buche. Diese in Form von Furnierschichtholzträgern.

Nur 12 Minuten hat es gedauert, bis das Holz für das Haus auf Stelzen nachgewachsen war. In Bayern wächst jede Sekunde ein Kubikmeter Holz nach.

500 Tonnen CO2 wurden durch die Verwendung des nachhaltigen und regional produzierten Baustoffs Holz für das Haus auf Stelzen eingespart. Darüber hinaus sind 630 Tonnen CO2 in dem Holz dauerhaft gebunden.

12 Monate dauerte die Bauzeit des Holzhauses in der Tillystraße. Das ist etwa 15- mal schneller als bei herkömmlichen Häusern dieser Größenordnung. 20 Monate hat das Team in Entwurf und die Planung des Objekts investiert.

Bis zu fünf Meter können die Gehölze im Dachgarten groß werden. So entsteht ein kleiner „Wald“ auf dem Dach des Hauses. Insgesamt wachsen dort auf 350 Quadratmetern 50 verschiedene Pflanzenarten.

70 Prozent des Niederschlagswassers kann der Dachgarten speichern. Es dient den Dachpflanzen zur Bewässerung und trägt zur Entlastung des Kanalsystems bei.

1200 Grad heiß sind die Flammen, mit denen die Fichtenhölzer für die Fassade verkohlt wurden. Die Fassade hat eine Fläche on 760 Quadratmetern und hält bis zu 60 Jahre lang.

 

 

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